Ein Jahr ist es jetzt her, seit Khaibar Fatehzada zum ersten Mal an einer Werkbank stand und an einer Tischlampe schraubte. Nach seiner Flucht aus Afghanistan war das Praktikum beim mittelhessischen Schaltschrank- und Systemanbieter Rittal sein Hoffnungsschimmer auf ein neues Leben in einer neuen Heimat. Als ehrgeizig, fleißig und zuverlässig beschrieben die Ausbilder den damals 26-Jährigen, als er mit sieben weiteren Flüchtlingen die Grundkenntnisse in den Bereichen Elektrotechnik und Mechatronik erlernte. Als dankbar und glücklich beschrieb er sich selbst, als er die Nachricht erhielt, in eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer beim Familienunternehmen starten zu können: „Vor einem Jahr hätte ich nicht geglaubt, dass ich heute hier stehen würde“, sagt Fatehzada und schaut sich mit einem breiten Lächeln in seiner Arbeitsumgebung um: „Der Kontakt zu den Kollegen, die abwechslungsreiche Arbeit, die Möglichkeit auf eigenen Beinen zu stehen – für mich hat diese Ausbildungsstelle einfach alles verändert.“
Das Projekt der Friedhelm Loh Group galt bereits 2015 als Vorzeigeprojekt im Bereich der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Heute haben bereits vier Flüchtlinge eine Ausbildungsstelle bei Rittal, der größten Tochtergesellschaft der Friedhelm Loh Group. Zukünftig soll die Quote der Flüchtlinge unter den gewerblich-technischen Auszubildenden im Unternehmen bei 10 Prozent liegen, so Inhaber und Vorstandsvorsitzender Dr. Friedhelm Loh: „Das Berufsleben bietet die beste Möglichkeit der gesellschaftlichen Integration. Arbeit ist wesentlicher Bestandteil eines sinnerfüllten Lebens. Nur durch sie können Menschen ihr Know-How unter Beweis stellen, sich eine Existenz aufbauen und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.“
Aufgrund des großen Erfolgs und der vielen positiven Erfahrungen auf beiden Seiten hat das Unternehmen jetzt einen Ratgeber herausgebracht, damit noch mehr Ausbildungsbetriebe Projekte zur Integration starten und den gesellschaftlichen Fortschritt aktiv mitgestalten. Der praxisnahe Ratgeber zeigt konkrete Lösungswege zur beruflichen Qualifizierung von Flüchtlingen auf, gibt Tipps und Hilfestellung, listet Anlaufstellen und motiviert zum Nachahmen.
„Nicht nur die Flüchtlinge haben im letzten Jahr unglaublich viel gelernt“, berichtet Matthias Hecker, Ausbildungsleiter bei Rittal und hauptverantwortlich für die Flüchtlinge an der Werkbank: „Auch wir haben durch das Pilotprojekt neue Erfahrungen gewonnen, die uns im aktuellen Durchgang spürbar zugutekommen.“ In fünf Tipps hat das Familienunternehmen seine Erfahrungen im Ratgeber auf den Punkt gebracht:
Wie wertvoll die Erfahrungen des Unternehmens bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sind, hat Solomun Meakele Gebregzabher bereits erlebt. Er ist aus Eritrea nach Deutschland geflohen und absolviert jetzt ebenfalls ein Praktikum bei Rittal – angeleitet von Khaibar Fatehzada, der mittlerweile mühelos an einem großen Laser-Schweißroboter die Kanten eines Schaltschranks für einen Großkunden bearbeitet. Gebregzabher und drei weitere Flüchtlinge wurden durch die Potenzialanalyse der Arbeitsagentur für das Praktikum ausgewählt, weil sie gute Deutschkenntnisse und einen Schulabschluss haben. Neben der Hilfe von Paten nehmen sie an der Azubi-Hausaufgabenbetreuung teil.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Konnten im vergangenen Jahr noch zwei von acht Praktikanten in eine Ausbildung übernommen werden, sind es in diesem Jahr drei von vier Praktikanten, die im Unternehmen bleiben. Zwei starten in eine Ausbildung, ein weiterer in eine zusätzlich geförderte Einstiegsqualifizierung, nach der er bei guten Leistungen direkt ins zweite Jahr der Ausbildung einsteigen kann. „Die verbesserte Auswahl hat erheblich dazu beigetragen, die Praktikanten erfolgreich für eine Ausbildung zu qualifizieren. Wenn man sechs von acht engagierten Flüchtlingen sagen muss, dass die Deutschkenntnisse für eine Ausbildung doch nicht reichen, ist das für beide Seiten schade“, so Hecker. Auch der verstärkte Einsatz von Kümmerern und Paten hat sich ausgezahlt. Nachhilfeangebote, Hausaufgabenbetreuung und sozialpädagogische Unterstützung sind unerlässlich für eine gelungene Integration, weiß Dr. Bianca Dümling, die den von Dr. Friedhelm Loh gestifteten Lehrstuhl „Migration, Integration und Interkulturalität“ an der CVJM-Hochschule in Kassel leitet: „Die Frage, ob wir in einer multikulturellen Gesellschaft leben wollen, stellt sich gar nicht. Es ist unsere Realität und das schon seit dem zweiten Weltkrieg“, verweist sie auf die Geschichte der Einwanderung in der Bundesrepublik: „Ehrenamtliche können Geflüchtete durch zwischenmenschliche Beziehungen stärken, um sich den Herausforderungen von Integration besser stellen zu können.“
Dass das in der Friedhelm Loh Group und in der Ausbildungswerkstatt von Rittal so gut klappt, führt Ausbildungsleiter Hecker auf die gemeinsamen Werte im Familienunternehmen zurück: „Diese Werte wollen wir leben – nicht nur gegenüber den Flüchtlingen sondern auch gegenüber den anderen Mitarbeitern. Und das ist in jedem anderen Unternehmen genauso möglich.“
Beitrag vom 11.08.2015 Beitrag vom 20.10.2015Telefon: +49(0) 2772 505 - 2527
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Der praxisnahe Ratgeber der Friedhelm Loh Group zeigt konkrete Lösungswege zur beruflichen Qualifizierung von Flüchtlingen auf. Er vermittelt, wie mittelständische Unternehmen sich aktiv und gemeinsam mit Partnern aus der Politik am gesellschaftlichen Fortschritt beteiligen können.
Download, RatgeberBild 1: Ein Tipp des Ratgebers Integration der Friedhelm Loh Group lautet: Ausbilder und Flüchtlinge müssen mit Herz bei der Sache sein. Robert Habbaba (m.), Ausbilder bei Rittal, geht zwar behutsam und mit Fingerspitzengefühl mit seinen Praktikanten um, verlangt aber auch Ehrgeiz und Engagement.
Bild 2: Khaibar Fatehzada (m.), der dank des Projekts der Friedhelm Loh Group im vergangenen Jahr seine Ausbildung bei Rittal beginnen konnte, hilft jetzt seinen neuen Kollegen beim Einstieg in die Arbeitswelt der Industrie.
Bild 3: Der kostenlose „Ratgebers Integration“ der Friedhelm Loh Group gibt praxisnahe Tipps zur Integration von Flüchtlingen in die betriebliche Ausbildung. Die Botschaft: Es lohnt sich für beide Seiten!
Bild 4: Das Azubi-Patenmodell hat sich bei Rittal bewährt. Gleichaltrige Azubis stehen den Flüchtlingen zur Seite, sind Ansprechpartner und Helfer bei schulischen, beruflichen und persönlichen Herausforderungen.
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